von Huy Dinh (Berlin), Head Judge
"Magic
Highlander" ist auch in Berlin ein Begriff. Jedoch ein Begriff, den
die hiesigen Spieler alle anders auslegen, worunter auch die
Konventionen, wie ein Deck auszusehen hat, leiden; manche Spieler sehen Skullclamp als ein Muss
an, andere als ein Muss-draußen-bleiben. Fügt man noch hinzu, dass die
meisten Spieler das Highlanderspielen nicht als kompetitiv betrachten,
ist von einer Turnierszene in Berlin (leider) nicht zu sprechen. Das
Höchste, was mir beim Highlanderspielen an Gefühlen aufkommt, finde ich
also an meinem Esstisch, wenn sich ein paar meiner Freunde und ich zu
einem gemütlichen Highlander-Zock setzen. Zugegebenermaßen kommt das
nicht allzu oft vor, aber es war jedes Mal lustig.
Als
eines schönen Abends eine Mail von André "auenland" Bronswijk mit der
Betreffzeile "Fähiger Headjudge dringend gesucht" in meinem Postfach zu
finden war, habe ich dem Frank Topel gleich eine Mail, in der ich mich
für diesen Posten angeboten habe, geschrieben. Die Anreise aus Berlin
und zurück ist zwar etwas länger (je dreieinhalb Stunden hin und zurück
mit dem ICE), aber für einen Highlander Grand Prix nehme ich das schon
gerne in Kauf. Ein paar Mails später, in welchen Modalitäten geklärt
wurden, war ich auch schon im Judge-Team für den Grand Prix. Mit Justus
Rönnau sowie dem Klaus-Michael-Evil-Bernd Bredt war das Team dann auch schon vollzählig. Besonders auf die Arbeit mit dem Bernd habe ich mich gefreut. Justus Gerüchten zufolge übrigens auch.
Leider ist er jedoch kurzfristig erkrankt, weswegen er den Bernd nicht
in Aktion erleben konnte -- und ich spontan Headjudge wurde, was mir
Frank auch erst bei meiner Ankunft nach einer langen Fahrt mit einem
Nachtzug eröffnete.
Einschub: Zugfahrten
von und nach Dortmund erweisen sich immer wieder als seltsam. Ich nutze
die Bahn ziemlich oft und habe sie nie als unpünktlich empfunden,
geschweige denn je eine wirkliche Verspätung erlebt (die 180 Minuten,
die durch zwei Koffer in Göttingen und Kassel bedingt waren, einmal
vernachlässigt...). Aber immer, wenn ich aus Dortmund nach Hause fahren
möchte, kommt etwas dazwischen. Durchschnittlich hat ein Zug von
Dortmund nach Berlin etwa 50 Minuten Verspätung, scheint mir. Die
Hinfahrt ist dafür immer pünktlich, aber es fahren komische Leute mit.
Einmal fuhr ein total netter Mensch mit, der mich um 5 Uhr morgens
geweckt hat, damit ich es nicht verpasse, in Dortmund auszusteigen. Er
hat offensichtlich nicht gewusst, dass der Zug um halb 9 wieder in
Dortmund hält...
Dieses Mal saß ein netter Musiker in meinem Abteil
-- samt Kontrabass. Das führte dazu, dass statt durchschnittlich 3
Sitze pro Person noch etwa 0.8 Sitze je Nase überblieben. Offen gesagt:
Ich war froh, als er in Essen ausstieg und ich mich zum Schlafen
richtig breit machen konnte!
Also
wurde ich von Frank zur Location gefahren (sehr schick, muss ich sagen)
und nach einigem Aufbauen kam auch der Bernd an. Er realisierte, dass
er doch nicht so Toast wäre, aber das Toasten kriege ich bestimmt noch
hin. Ich habe es mit Bernds Zählkünsten versucht, aber er hat es
tatsächlich geschafft, die Decklisten, die ich ihm gegeben habe, auf
100+ zu zählen. Dann eben im Turnier selbst!
Am Ende
waren es, nachdem sich ein paar Leute nicht auf den Pairings
wiedergefunden haben, offiziell 99 Spieler (unter ihnen auch (Alt-)Pros
wie Dirk Baberowski, Marco Blume, Felix Schneiders und HaJo Höh), die
um den Einzug in die Top 8 und damit um Ruhm, Ehre und Karten kämpften.
Karten gab es aber auch für andere Spieler in Form von Verlosungen
unter allen Teilnehmern und besonderen Preisen für den besten
U18-Spieler (Jan Ludwig), für die beiden kreativsten Decks (Michael
Pauli mit Protection-from-alles-und-jeden.dec sowie Lars Wahl mit
Sliver.dec) und für die beste weibliche Spielerin (Lisa Frank mit GRW FiresGeddon).
Zusätzlich dazu gab es jede Runde ein Booster-Bingo mit mehr oder
weniger seltsamen Bedingungen wie "genau eine Handkarte und genau 10
bleibende Karten im Spiel haben". Mir scheint, die Spieler haben das
Booster-Bingo sehr positiv angenommen. Das könnte ich auch mal in Berlin auf
Turnieren ausprobieren.
Aus regeltechnischer und
organisatorischer Sicht lief das Turnier weitestgehend sehr ruhig, was
für das Turnier selbst sehr gut war, für einen Turnierbericht jedoch
eine reine Qual ist. Deswegen muss ich leider (eigentlich macht mir das
sogar Spaß!) den Bernd etwas in Mitleidenschaft ziehen und mich einiger
seiner Situationen bedienen, jedoch in chronologisch unsortierter
Reihenfolge, weil mein Gedächtnis sehr zu wünschen übrig lässt.
Ziemlich weit am Anfang wurden der Bernd und ich an einen Tisch gerufen, weil Spieler A ein Exhume spielen und wissen wollte, ob denn Spieler B mit seinem Clone im Graveyard die andere Kreatur, die mit dem Exhume ins Spiel käme, kopieren könne. Das klappt so leider nicht; zwar folgen
die Entscheidungen, welche Kreaturen zurückkommen, der APNAP-Regel
(active player, non-active player), aber ins Spiel kommen sie
gleichzeitig, weswegen der Clone die andere Kreatur nicht sieht, sobald er etwas kopieren kann, weil beide zu diesem Zeitpunkt quasi noch im Äther sind.
Später sollte Spieler A gegen Spieler C wieder ein Exhume spielen. Dieses Mal hat der Gegner jedoch keinen Clone, sondern ein Man-o'-War im Friedhof. Weil die Ability des Man-o'-War jedoch eine ausgelöste Fähigkeit ist, geht diese erst auf den Stack, wenn jemand Priorität bekäme. Somit kann der Man-o'-War die Kreatur, die A ins Spiel gepackt hat, auf die Hand schicken. Da
Spieler A keine Kreaturen auf dem Tisch hat, fiel seine Entscheidung
nicht mehr darauf, welche Kreatur er im Spiel, sondern welche er am
Ende auf der Hand haben will.
Dass triggered abilities erst bzw. schon auf den Stack gehen, wenn jemand Priorität bekäme, ist ebenfalls wichtig fuer das Sword of Light and Shadow. Ein Viridian Zealot,
der das Schwert trägt, schafft es nie, sich zu opfern, um sich kurz
darauf mit dem Schwert zurückholen zu lassen, weil er nicht an zwei
Stellen gleichzeitig sein kann. Er muss im Spiel sein und das Schwert
tragen, damit die Fähigkeit des Schwertes überhaupt ausgelöst werden
kann (es heißt ja "whenever equipped creature deals combat damage"). Er
muss aber im Graveyard liegen, sobald die Fähigkeit ausgelöst wird.
Dass der Bernd da etwas Brokeness ins Spiel bringen wollte, indem er
genau das erlaubte, ist zwar fein, jedoch nicht ganz richtig. Geht also
dem Bernd mit den diversesten Timing-Fragen auf den Nerv; ich weiß,
dass er es kann und er einfach nicht genug denkt.
Meine
persönliche Lieblingssituation (weil keine Regelfrage per se) war der
Judge-Call, weil Spieler D gerade angegriffen hat und Spieler E darauf
ein Decree of Justice umgewandelt hat. Bis hierhin ist es nichts Weltbewegendes, aber Spieler
E hat schon zur Bibliothek gegriffen, eigenen Aussagen die Karte noch
nicht gesehen (der Gegner konnte das weder bestätigen noch begründet
anfechten) und zurückgelegt, um erst dann für die Soldaten zu bezahlen.
Das ist ein schickes Beispiel für Ruling by Intent,
denn die Intention war klar (er wollte mit den Soldaten blocken, sonst
hätte er wohl nicht das Decree noch im Declare Attackers Step
umgewandelt) und er hat durch seine Schlampigkeit keinen Vorteil
bekommen (er hat die Karte noch nicht gesehen). Hätte er die Karte
gesehen, wären auch keine Soldaten mehr ins Spiel gekommen.
Andere
interessante Judge-Calls fallen mir leider nicht mehr ein; aber dafür
gibt es aus meinen Top8-Brackets Einiges zu erzählen. So hatte
Christian Hubacsek (U/G AggroControl) gegen Peter Decker (White Weenie)
mit einmal Colorscrew und einmal Manascrew ziemlich suboptimale Draws,
die gegen das Tempo, das Peter an den Tag legte, nicht gerade den guten
Plan darstellten. Zu meiner Schande muss ich sagen, dass ich es
schlichtweg übersehen habe, wie eine Wall of Blossoms einen Samurai of the Pale Curtain mit einem Crusade auf dem Tisch blocken konnte, ohne dabei das Zeitliche zu segnen. Fast
hätte sich Christian deswegen noch gefangen, aber Peter hat einfach
noch mehr Druck auf den Tisch gelegt und Christian zum Zusammenschieben
bewegt.
Das Viertelfinale zwischen HaJo Höh (TPS) und
Felix Heptner (TPS) ging sehr in die Länge, spielten beide Spieler doch
ziemlich lange Draw-Go. Das erste Spiel wurde anscheinend dadurch
entschieden, dass Felix auf eine leere Hand ein Gifts Ungiven von oben zog und im selben Zug noch ein tödliches Tendrils of Agony auf den Tisch geschmissen hat, während das zweite Spiel schon fast gelaufen war, als HaJo sehr früh mit seinem Gamble auf Gifts Ungiven und danach 6 Handkarten (etwa 2/3 bis 5/6 Land) genau das Gifts Ungiven abschmeissen musste. Es war mit Felix' Tormod's Crypt auf dem Tisch nur noch gelaufener und er konnte kurze Zeit später mit Duress-Backup
ein tödliches Tendrils spielen. Das wirklich Bemerkenswerte an dieser
Partie war, dass der Finalist aus dem anderen Bracket bereits
feststand, während dieses Match noch lief.
Das Halbfinale zwischen Peter Decker und Felix Heptner war nur insofern spektakulär, als dass Felix im ersten Spiel trotz eines Armageddons, eines Winter Orbs und viel Druck auf Peters Seite noch fast die Combo geschafft hätte -- im dritten Spiel hat quasi der Samurai of the Pale Curtain Peter das Spiel gewonnen, weil Felix so nicht auf genug Mana über Lotus Petal, Lion's Eye Diamond und Yawgmoth's Will kam. Und das Ergebnis (Peter gewinnt mit 2:1) war nicht so sehr
erwartet gewesen. Dem Finale konnte ich leider nicht mehr beiwohnen,
denn der letzte Zug sollte um 21:48 Uhr vom Dortmunder Hbf abfahren.
Also noch schnell ein paar Kärtchen getauscht und es ging für mich,
ebenfalls mit einer Box voller Süßigkeiten, zum Hauptbahnhof nach
Berlin.
Einschub #2: Natürlich fuhr der
Zug mit 40 Minuten Verspätung aus Dortmund ab, nachdem der Zug, der um
20:48 Uhr nach Berlin sollte, gänzlich ausfiel. Zusätzliche
unplanmäßige Zwischenstopps in Wolfsburg und Stendal machten aus den 40
Minuten 50 Minuten und schon war ich wieder im Durchschnitt. Obwohl
zwei Züge im selben Zug saßen, war jedoch nirgends eine nette junge
Dame, der ich meine Süßigkeiten hätte anbieten können, zu finden.
Irgendwie sind nie nette junge Damen in ICEs zu finden. Vielleicht beim
nächsten Mal, wenn ich nach Dortmund zum 3. Highlander Grand Prix
fahre...
Ich hoffe, dass wir uns auch beim nächsten Mal wiedersehen :-).
Huy Dinh
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